Fehlen Raffineriekapazitäten nicht
nur in den USA, sondern weltweit?
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eid, Die Rotterdamer Benzinnotierungen, die schon länger das Tempo der Rohölpreissteigerungen übertreffen, haben mit 427 Dollar je Tonne ($/t) am 29. April eine neue Rekordhöhe erreicht. Damit sind sie im Vergleich zum Jahresanfang um rund 129 $/t oder 43% bzw. verglichen mit Ende März um 58 $/t oder 16% gestiegen. Von den Rotterdamer Notierungen werden auch die deutschen Tankstellenpreise mit nach oben gezogen, die kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe mit durchschnittlich über 118 Cent/l für Eurosuper einen historischen Rekordwert erreichten.
Der Preis lag um rund 2 Cent/l über dem bisherigen Höchstwert von 116,2 Cent/l im Februar 2003. Die Tankstellenmargen haben allerdings von dieser Preisentwicklung nicht profitiert. Im Gegenteil, der deutsche Markt hat es schwer, den Rotterdamer Spotmarkt-Preisen zu folgen, so dass die deutschen Benzinmargen im April mit geschätzten 7 Cent/l für Eurosuper unter das Durchschnittsniveau des ersten Quartals gefallen sind, das bereits deutlich unter dem des Vorjahres lag (EID 16/04). Der EID wird in seiner nächsten Ausgabe die von der Londoner Wood MacKenzie/Opal berechneten endgültigen Margen für April veröffentlichen.
Mit dem Phänomen, dass der Benzindurst in den USA über den Effekt der Rohölpreise hinaus das europäische Benzinpreisniveau im Frühjahr in die Höhe treibt, hat sich der EID schon in früheren Ausgaben befasst (z.B. EID 17, 15/04). So haben die USA im März rund 4 Millionen Tonnen importiert, vor allem aus Europa, etwa zwei Drittel mehr als im Januar. Wenn die OPEC das Rohölpreisband heraufsetzen will, dann ist ihre Argumentation beachtenswert, dass die Benzinknappheit in den USA für das hohe Rohölpreisniveau mitverantwortlich ist. Denn die kräftige Benzinnachfrage in den USA - so die Logik - kann nur über höheren Rohöleinsatz zur Benzinerzeugung gedeckt werden, auch wenn dies in Europa stattfindet. Wenn aber die hohe Benzinnachfrage dazu führt, dass sich die Benzinpreise zumindest zeitweise von den Rohölpreisen nach oben abkoppeln, signalisiert dies eine Knappheit an Raffineriekapazitäten über den US-Markt hinaus.
In diesem Zusammenhang muss befürchtet werden, dass sich das Problem mangelnder Raffineriekapazitäten in den Vereinigten Staaten zu einem weltweiten Phänomen auswachsen könnte. So erwartet die Londoner Consultancy PFC Energy, dass vor allem auf Grund des kräftig steigenden Ölverbrauchs in den USA und China die weltweite Nachfrage nach Mineralölprodukten zum Jahresende 2004 die verfügbaren Verarbeitungskapazitäten übersteigen wird. Vor fünf Jahren habe die weltweite Raffineriekapazität den Verbrauch noch um über 250 Millionen Tonnen überschritten. Gegenwärtig gebe es angesichts des engen Verarbeitungsangebots kaum eine Chance, kurzfristig aus welchen Gründen auch immer ausfallende Raffinerieproduktion zu ersetzen. So hatte im März ein Feuer in einer texanischen Raffinerie US Gasoline Futures auf ein All-time-high getrieben.
Die IEA hat kürzlich geschätzt, die Raffineriekapazität im Jahre 2030 müsse weltweit rund 6 Mrd. t betragen, 50% über das derzeitige Niveau hinaus, um die Nachfrage nach Mineralölprodukten befriedigen zu können. Angesichts des zeitraubenden Baus neuer Anlagen schätzt das US Department of Energy (DOE), dass sich der gegenwärtige Anteil des Imports an Fertigprodukten in den USA bis 2030 verdoppeln wird. Der US-Benzinmarkt sei auf weiter zunehmende Einfuhren vor allem aus Europa angewiesen.
(quelle:
http://www.eid.de)