Stephen King - Rose Madder
Rose Madder ist ein relativ alter King (1993-1994) und in einigen Aspekten nicht, wie man es aus modernen Werken kennt.
Erst einmal vorab: Der Einstieg in dieses Buch ist extrem gut gelungen. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals von einem Buch auf den ersten beiden Seiten des eigentlich Werks schon so mitgerissen worden zu sein. Es beginnt mit einer im Präsens erzählten Situationsbeschreibung, die so trocken und dabei so erschreckend brutal ist, dass man sofort mit der Hauptperson mitfühlen kann. Ich möchte nichts darüber sagen, was hier passiert und dankenswerter Weise wurde das auch im Klappentext nicht getan, obwohl es der Aufhänger des ganzen Buchs ist.
Die eigentliche Geschichte beginnt im zweiten Kapitel mit einem Zeitsprung (der einzige). Rose, die Hauptperson realisiert plötzlich, in welcher Situation und Gefahr sie eigentlich ist und das wegen eines eigentlich banalen Zwischenfalls. Daraufhin flieht sie vor ihrem Mann, einem Polizisten der alle seine Mittel einsetzen wird, um sie zu finden, denn nach außen hin wirkt er ganz normal.
Die Stimmung im Buch ist vor allem von der Entwicklung der gebrochenen Frau geprägt, die aus der Kleinstadt in eine Großstadt kommt und ein neues Leben aufbauen muss - und das besonders am Anfang immer in Angst. King schafft es wieder einmal, eine Person bedrückend realistisch darzustellen, mit der Hauptperson mitzufühlen fällt extrem leicht. Ansonsten ist nach heutiger Sicht noch das Ambiente auffällig, die Stadt wirkt fremd und die Leute sind gewöhnungsbedürftig. Es ist keine Beschreibung einer modernen Umgebung.
Das besondere an diesem Buch ist eigentlich, dass das Ganze eher ein Psychothriller/Kriminalroman ist, als eine typische Horrorgeschichte. Erst gegen Ende taucht das typisch phantastische Element in der Erzählung auf. Das stellt dann auch meinen größten - eigentlich einzigen - Kritikpunkt dar. Zu gerne hätte ich gesehen, wie sich die Geschichte "normal" weiterentwickelt, teilweise wirkt der letzte Teil aufgedrückt und unstimmig.
Alles in allem ein must-read. Wenn man nach dem ersten Kapitel aufhört verpasst man zwar einen guten Roman, aber selbst das ist in Ordnung, da diese Einleitung eindeutig der Höhepunkt ist.
Terry Pratchett mit Ian Stewart und Jack Cohen: Darwin und die Götter der Scheibenwelt
Wer Die Gelehrten der Scheibenwelt und Die Philosophen der Rundwelt nicht gelesen hat, sollte vorab gewarnt werden: diese Miniaturreihe aus drei Büchern entspricht nicht den üblichen Scheibenweltromanen. Pratchett versucht in diesen Werken, Wissenschafft mit Unterhaltungsliteratur zu kombinieren. Den Hintergrund dazu bringt die Scheibenwelt mit den Zauberern der Unsichtbaren Universität, die im Forschungstrakt für hochenergetische Magie (und mit Hexx dem Ameisencomputer) aus Versehen eine runde Welt in handlicher Größe erschaffen haben. Seitdem das passiert ist, versuchen sie die Bevölkerung dieser Welt vor dem Aussterben zu bewahren. Mehrmals sind sie schon gescheitert, beispielsweise bei den intelligenten Krabben und das gegenwärtige Projekt sieht ebenfalls nicht gut aus: eine Rasse die sich aus Affen entwickelt hat und wohl ohne das Eingreifen der Zauberer wieder aussterben wird. Wahrscheinlich aufgrund eines Meteoriten.
Der Aufbau der Bücher besteht aus einem Kapitel in der Scheibenwelt geschrieben von Pratchett und einem (populär-)wissenschaftlichen Kapitel über das Thema von Stewart und Cohen. Das zweite greift jeweils das geschehen in der fiktiven Geschichte auf und erklärt daran unsere Realität. Ein genial-einfaches Konzept, das oft hilfreich dabei ist, auch kompliziertere Sachverhalte unterhaltsam und verständlich zu übermitteln. Dennoch: das sind keine Bücher die Kindern an Stelle eines Lehrbuchs gegeben werden können. Sie zielen eindeutig auf Erwachsene mit entsprechendem Grundwissen ab.
In jedem der Bücher behandeln die Autoren ein anderes Thema. Wie der Titel dieses Buches schon aussagt, geht es diesmal um die Evolution. Wieder einmal geht alles schief auf der Rundwelt und zur Rettung der Menschen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Darwin das richtige Buch schreibt. Ein Werk, dass den Götterglauben hinterfragt und stattdessen die wissenschaftliche These der Evolution zumindest als Grundidee darlegt. Das muss aber natürlich erst den Zauberern erklärt werden, wissen sie doch, dass es auf ihrer Welt einen Gott der Evolution gibt, warum sollte der nicht auch für die Rundwelt zuständig sein?
Als das geschafft ist, ist die Aufgabe der Zauberer an mehr oder weniger direkt mit Darwin verbundenen Stellen in der Weltgeschichte einzugreifen. Dummerweise stellt sich dann heraus, dass jeder Eingriff neue Komplikationen bringt.
Wie immer sind die Charaktere und Dialoge brilliant komisch, aber in diesen Büchern gibt es eben mehr als die Scheibenwelt:
In den Rundweltkapiteln sind dieses Mal die Erklärungen deutlich weniger eingängig als in den vorherigen Kapiteln. Der Einstieg ist noch gut gelungen, aber besonders gegen Ende ist das Tempo hoch und es scheint fast, als müssten die Schreiber hetzen um alle Informationen in das Buch einzubringen. Relativ unüblich ist der harsche Tonfall mit dem Evolutionsgegnern, besonders aus dem bible belt der USA, begegnet wird. Hier hat man fast das Gefühl, dass diese Wissenschaftlicher sich persönlich angegriffen fühlen und deshalb gerade im Vergleich mit Pratchetts humoristischer Kritik zu hart wirken.
Für alle, die die Scheibenwelt kennen und lieben, ist das Buch Pflicht. Allerdings ist es ratenswert, erst die vorherigen Bücher zu lesen.
Für Einsteiger in die Scheibenwelt ist es meiner Meinung nach ungeeignet. Die Aufsplittung der Geschichte macht es schwerer, sich in die Welt einzleben. Hier wäre ein typischeres Scheibwenwelt-Buch zu empfehlen.